Die Fraktionsgemeinschaft der Freien Wähler und der Wählergruppe „FÜR Karlsruhe“ hat die Entscheidung des Karlsruher Gemeinderats, auf Strafanzeige bei wiederholtem Schwarzfahren zu verzichten, in einer Stellungnahme scharf kritisiert.

„Diese Entscheidung ist unverantwortlich und widerspricht jeglicher Vernunft“, so Jürgen Wenzel (Freie Wähler), „Schwarzfahren ist eine Straftat und muss als solche auch weiterhin geahndet werden.“ In seinem Redebeitrag merkte er rhetorisch-spitzfindig an, ob man sich hier nicht der Beihilfe und Anstiftung zum Schwarzfahren schuldig macht.

Die Argumentation der Linken, SPD und Grünen, die sich für den Verzicht auf Strafanzeige ausgesprochen hatten, dass es sich hier meist um Fälle von Armut handele, sei nicht stichhaltig. „Das Bürgergeld sieht eine Pauschale für den ÖPNV vor, und es gibt zusätzliche Vergünstigungen für Menschen mit geringem Einkommen“, so Sozialpolitiker und Fraktionsvorsitzender Friedemann Kalmbach (FÜR Karlsruhe). „Der Karlsruher Pass ist ein Beispiel dafür.“

Die Fraktionsgemeinschaft der Freien Wähler und der Wählergruppe „FÜR Karlsruhe“ fordert den Aufsichtsrat der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) auf, sich gegen die Entscheidung des Gemeinderats zu wehren und die Forderung nicht umzusetzen.

„Es ist eine Frage der Fairness und ein Mittragen des ÖPNVs, der schon jetzt unterfinanziert ist“, so Kalmbach, der Aufsichtsratsmitglied der KVV ist.

Der Karlsruher Gemeinderat hat am 20. Februar 2024 beschlossen, dass die VBK bei wiederholtem Schwarzfahren keine Strafanzeige mehr erstatten sollen. Die Entscheidung wurde mit den Stimmen von Linken, SPD und Grünen, sowie KAL/Die Partei gegen die Stimmen der CDU, FDP und der Fraktionsgemeinschaft Freie Wähler und FÜR Karlsruhe getroffen. Auch Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup (SPD) zeigte sich erschüttert über die Unterstützung dieser Idee durch seine Fraktion. Lüppo Cramer (KAL) schloss sich allerdings nicht dem Votum seiner Fraktion an. Die Fraktionsgemeinschaft der Freien Wähler und der Wählergruppe „FÜR Karlsruhe“ hatte sich im Vorfeld der Abstimmung gegen den Verzicht auf Strafanzeige ausgesprochen.

Hintergrund

Schwarzfahren in Karlsruhe: Ein Problem mit Folgen

Jährlich entgehen den Karlsruher Verkehrsbetrieben (VBK) durch Schwarzfahren mehrere Millionen Euro. Ein bundesweiter Verlust von bis zu einer viertel Milliarde Euro kommt hinzu.

Erschleichen von Leistungen, wie Schwarzfahren genannt wird, ist nach § 265a des Strafgesetzbuches (StGB) in Deutschland strafbar. Wer innerhalb von drei Jahren dreimal erwischt wird, muss nicht nur ein erhöhtes Beförderungsentgelt von 60€ zahlen, sondern riskiert auch eine Anzeige.

Die Strafen reichen dann von Bußgeldern bis hin zu Freiheitsstrafen. In der Praxis kommen Freiheitsstrafen allerdings nur selten vor: Bundesweit waren sie in nur 3% aller Anzeigen der Fall.

Zwischen 2019 und 2023 wurden bei der VBK 9.363 Strafanzeigen wegen Erschleichung von Leistungen gestellt. Die VBK unterstützt die Position des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), dass Fahren ohne gültigen Fahrausweis weiterhin als Straftat im Sinne des § 265a StGB geahndet werden sollte. Dies ermöglicht auch die Hinzuziehung der Polizei, beispielsweise zur Feststellung der Personalien.

Schwarzfahren hat negative Auswirkungen auf den ÖPNV: Es führt zu Einnahmeverlusten, die für die Finanzierung von Qualität und Ausbau des ÖPNVs fehlen.

Die konsequente Ahndung von Schwarzfahren ist daher notwendig, um die Sicherheit der Fahrgäste zu gewährleisten, die Fairness gegenüber den zahlenden Kunden zu wahren und den ÖPNV zu stärken.