Was seit dem Ukraine-Krieg in aller Munde ist, wurde in Karlsruhe bereits von 2009-2014 geprüft – eine Biogasanlage, die hier vor Ort zu mehr unabhängiger Energieversorgung beitragen könnte.
Nachdem die Fraktionsgemeinschaft aus Freien Wähler und FÜR Karlsruhe bereits im Karlsruher Gemeinderat darauf aufmerksam machte, dass es in Karlsruhe und Umgebung keine Trockenvergärungsanlagen gibt, rückt das Thema nun immer weiter in den Fokus der Öffentlichkeit. Sowohl der Bund als auch das Land Baden-Württemberg machen verstärkt auf die Möglichkeiten der Biomüllverwertung aufmerksam.
Karlsruhes Stadtverwaltung stand dem Bau einer Trockenvergärungsanlage bis jetzt kritisch gegenüber, da für eine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung 20.000 Tonnen Material benötigt werden und Karlsruhe lediglich ca. 15.000 Tonnen bereitstellen kann. In einem Ergänzungsantrag schlägt die Fraktionsgemeinschaft aus Freie Wähler und FÜR Karlsruhe die Lösung vor, die Anlage stattdessen gemeinsam mit dem Landkreis Karlsruhe zu bauen.
„Wir müssen Synergien endlich nutzen. Erstrecht wenn Karlsruhe bereits drei Viertel der benötigten Mindestmenge an Materialbedarf bereitstellen kann“
fordert Stadtrat Friedemann Kalmbach
In einer neuen Studie des Deutschen Biomasseforschungszentrums Leipzig und des Wuppertal Instituts, die auch in der Tagesschau Erwähnung findet, wird deutlich, dass mit mehr Biogas eine klimafreundliche Energiegewinnung das russische Erdgas ersetzen kann. Allerdings fällt auf, dass Karlsruhe und Umland in Sachen Biogasgewinnung ein weißer Fleck auf der Landkarte der Anlagen sind. In einem Umkreis von 80 Kilometern gibt es keine, die zur Gewinnung von Biogas aus Biomüll nutzbar wäre. Aktuell wird der Karlsruher Biomüll zu Trockenvergärungsanlagen im 145 km entfernten Flöckersheim-Wicker und dem 83 km entfernten Bietigheim transportiert – eine klimatische und logistische Herausforderung.
Dabei kommt es besonders auf eine regionale Nutzung an:
„Anstatt unseren Biomüll vor Ort zu verwerten, geben wir uns damit zufrieden, ihn emissionsbelastet über große Distanzen zu transportieren. Seit der letzten Prüfung einer Anlage in Karlsruhe sind 10 Jahre vergangen und es wird Zeit neu abzuwägen. Warum können wir nicht über den Tellerrand der Stadt hinausschauen und mit dem Landkreis eine Biogasanlage vor Ort schaffen, die uns unabhängiger macht?“
so Stadtrat Jürgen Wenzel
„Es ist schon länger bekannt, dass Biomüll ein nutzbarer Rohstoff der natürlichen Kreisläufe ist und deswegen zu klimafreundlicher Energieversorgung beitragen kann. Gerade in diesen Zeiten, wo wir uns vom russischen Gas emanzipieren wollen, sollte Karlsruhe seinen Beitrag leisten. Unseren Biomüll hundert Kilometer weit zu fahren und in unserer unmittelbaren Nähe keine Recyclingmöglichkeiten zu schaffen, ist nicht akzeptabel. Mit einer eigenen Trockenvergärungsanlage würden sich auch andere Landkreise dazu entschließen, ihren Abfall nicht über die Autobahnen zu schicken, sondern direkt in ihrer Nachbarschaft zu recyceln“
so Stadträtin Petra Lorenz
Um eine bessere Stromversorgung durch Biogas zu gewährleisten, plädiert die Fraktionsgemeinschaft aus den Freien Wählern und FÜR Karlsruhe für eine Trockenvergärungsanlage in Karlsruhe oder auf geeigneter Fläche im Karlsruher Umland, die von Stadt und Landkreis bedient werden soll. So kann Karlsruhe aus dem anfallenden Biomüll Biogas gewinnen und die Stadt ginge einen neuen Schritt in Richtung autarker Deckung des eigenen Energiebedarfs.