Ein neuer Haushalt für die nächsten zwei Jahre wurde von Bürgermeister Dr. Mentrup vorgestellt – die Diskussionen über die Karlsruher Finanzen sind aber nicht abgerissen. Die stark ins Wanken gekommene finanzielle Situation sorgt bei den Fraktionen des Gemeinderats für viel Redebedarf: Mit insgesamt 181 Änderungsanträgen, besprochen in zwei XXL-Gemeinderatssitzungen an zwei Tagen, diskutierte der Gemeinderat über den Haushaltsplan der Stadtverwaltung.
Während die Fraktionen der politisch-linken Seite scheinbar kein Problem mit der Neuverschuldung haben und mehr Geld für neue Stellen, Kultur und Soziales verlangen, halten sich die Parteien der bürgerlichen Politik mit Mehrausgaben zurück und plädieren stattdessen für Einsparungen bei der Stadtverwaltung, die die Haushaltslage entlasten würden. Freie Wähler und FÜR Karlsruhe sowie die CDU schlugen daher eine Überprüfung der städtischen Standards vor, die meist über den gesetzlichen Vorgaben liegt.
Für die Fraktion Freie Wähler und FÜR Karlsruhe sind zusätzliche Ausgaben in Millionenhöhe bei ohnehin schon eklatanten Finanzaussichten ein No-Go. Bei Neuinvestitionen muss nun ein Fokus gesetzt werden, um vermeidbare Ausgaben zu reduzieren:
Generationengerechtigkeit gilt für Klima und Finanzen gleichermaßen
„Wenn wir sagen, dass uns Finanzen und Ökologie wichtig sind, dann müssen wir einen Ausgleich schaffen. Ich fühle mich bei den Haushaltsanträgen eher wie auf einem Basar, wo jeder darauf hofft, Mehrheiten zu bekommen. Das ist keine strategische Debatte, die uns voranbringt. Wenn wir mehr Klimaschutz wollen, dann müssen wir darauf unseren Fokus legen. Alles gleichzeitig geht in unserer Situation einfach nicht mehr. Generationengerechtigkeit gilt für das Klima und die Finanzen gleichermaßen. Uns liegt viel an den nachfolgenden Generationen, deshalb müssen wir auf beides achten: Ökologie und Ökonomie, sonst hinterlassen wir nachkommenden Generationen zwei schwere Krisen. Wir müssen jetzt sofort sparen! Wir müssen jetzt schon unseren Haushalt verbessern. Alles, was wir verzögern, wird uns später auf die Füße fallen.“, sagt Stadtrat Friedemann Kalmbach im Gemeinderat.
Die Stadt muss anfangen ihre Ausgaben zu hinterfragen: „Wir haben ein Ausgabenprobelm bei externen Gutachtern“, meint Stadträtin Petra Lorenz. „Die Stadt muss sich klar werden, welche Ausgaben wirklich nötig sind und den Menschen dienen und auf welche man auch verzichten könnte. Wir haben großes Vertrauen in unsere städtischen Mitarbeiter und ihre Expertise. Deshalb beantragen wir, kostenintensive externe Gutachten auszusetzen, wo es rechtlich möglich und angebracht ist. Die interne Expertise unserer kompetenten Mitarbeiter sollte mehr beansprucht werden.“ Die Verwaltung betonte in ihrer Antwort, dass sie bei den Gutachten nur im nötigen Fall extern vergeben.
Wir wissen, dass der Klimaschutz auch eine wichtige Aufgabe der Stadt ist, an der wir uns auch gerne beteiligen.
Jürgen Wenzel
Als Antwort auf die geforderten Mehrinvestitionen für Stellenschaffungen beim Gartenbauamt findet Stadtart Jürgen Wenzel im Gemeinderat klare Worte: „Alle zusätzlichen Kosten – für den Klimaschutz oder für andere Anträge, die unseren Haushalt weiter belasten – können wir als Fraktion nicht zustimmen. Wir kennen unsere Klimasituation und wissen, dass der Klimaschutz auch eine wichtige Aufgabe der Stadt ist, an der wir uns auch gerne beteiligen. Leider können wir aufgrund unserer Haushaltssituation keinen weiteren Belastungen zustimmen.“ Auch Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup betont, dass das Gesamtvolumen im Bereich Klima im Städtevergleich schon erheblich hoch liegt. Die Stadtverwaltung hatte schon im Sinne des Klimaschutzkonzeptes einen außerordentlich umfangreichen Plan vorgelegt.
Um Karlsruhe trotz Finanzkrise weiter klimaneutral zu gestalten, plädieren die Freien Wähler und FÜR Karlsruhe dafür, dass hohe Kosten bei Gebäudesanierungen durch eine Priorisierung auf Klimaneutralität vermieden werden: „Wenn wir auf den Klimaschutz setzen, dann müssen wir darauf unseren Fokus legen. Leider lässt unser angeschlagener Haushalt keine allumfassenden Vollsanierungen mehr zu. Es geht uns darum, dass unsere Gebäude möglichst schnell klimagerecht werden. Deswegen sollten wir uns auf energetische Sanierung konzentrieren, um unsere Klimaziele schneller zu erreichen – ohne den Haushalt weiter zu strapazieren.“, bringt Friedemann Kalmbach in den Gemeinderat ein. Der Oberbürgermeister nahm den Vorschlag auf. Ein weiterer Schritt zur Klimaneutralität könnte die Umstellung der Stadtwerke Eiszeit auf klimaneutrales, recyclebares Kunsteis bedeuten. Der Antrag wurde nun in den betreffenden Ausschuss verwiesen um ihn fachlich zu erörtern.
Gewinne der städtischen Gesellschaften nutzen
Neben unbedingt notwendigen Einsparungen müssen auch weitere Gewinne erschlossen werden. Deshalb beantragte die Fraktion, dass der Haushalt der Stadt an den Gewinnen der Volkswohnung beteiligt wird. Stadtrat Jürgen Wenzel sieht darin eine gute Möglichkeit den Haushalt zu entlasten: „Eine Beteiligung der Volkswohnung an unserem angeschlagenen Haushalt ist möglich, verhältnismäßig und in Anbetracht des großen finanziellen Defizits unbedingt notwendig. Wir sollten das auf jeden Fall prüfen und, wenn möglich, umzusetzen.“ Stadträtin Petra Lorenz stimmt dem zu: „Andere städtische Gesellschaften wie die Stadtwerke leisten auch einen finanziellen Beitrag für die städtischen Einnahmen. Wenn wir einen Weg finden, die Stadt an den Gewinnrücklagen der Volkswohnung zu beteiligen, wäre das eine wesentliche Entlastung.“ Eine Summe wurde nun schon im Haushalt dafür eingestellt, über größere Beteiligungen an den Gewinnen muss im laufe des kommenden Jahres diskutiert werden.
Entscheidung zu Steuern fatal
Am Ende der Haushaltsverhandlungen standen die Abstimmungen zu den geplanten Steuererhöhungen bei der Gewerbe- als auch der Grundsteuer. „Die Steuererhöhungen schieben unser städtisches Finanzproblem auf die Bevölkerung ab. Das schadet nicht nur der lokalen Wirtschaft, für die Karlsruhe unattraktiv wird, sondern auch dem Ziel günstige Wohnungen anzubieten, denn die Gefahr ist groß, dass die Grundsteuer einfach auf die Mieterinnen und Mieter umgelegt wird. Das ist angesichts der gegenwärtigen Krise durch Corona nicht nur schmerzhaft sondern fatal“, so Stadträtin Lorenz. Die entgültige Abstimmung über den Haushalt wie er jetzt auf die Wege gebracht wurde steht noch an. Ob der fertige Entwurf eine Mehrheit findet ist allerdings auf Grund der Finanzlage als auch Angesichts der Steuererhöhungen unklar.